Lebensstil · Ernährung

Warum ist gesunde Ernährung bei Familiärer Hypercholesterinämie (FH) besonders wichtig?

Ihr habt nun schon gelernt, dass die FH dadurch gekennzeichnet ist, dass der Cholesterinspiegel im Blut dauerhaft, also „chronisch“, erhöht ist. Das liegt an einem sogenannten „Gendefekt“. Eigentlich haben ja eher Menschen mit Übergewicht einen zu hohen Cholesterinspiegel. Bei euch liegt es aber nicht an einer „falschen“ oder ungesunden Ernährung, sondern es ist eben angeboren. Trotzdem kann man mit einer gesunden Ernährung die Therapie unterstützen. Der Cholesterinspiegel lässt sich bei FH leider nur wenig über die Ernährung senken. Aber das Zusammenspiel aus gesunder Ernährung und Medikamenteneinnahme ist eine gute Grundlage, um euren Cholesterinspiegel richtig einzustellen.
Warum ist das so wichtig? Ihr habt ja sicher schon gehört, dass eine unbehandelte FH dazu führen kann, dass man schon als jüngerer Mensch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bekommen kann (Fachleute fassen das als koronare Herzkrankheit kurz „KHK“ zusammen). Noch gefährlicher wird es, wenn man dazu auch noch Übergewicht und Bluthochdruck hat. Und das kann man mit gesunder Ernährung und Sport auf jeden Fall vermeiden.

Was heißt eigentlich „gesunde Ernährung“?

Es gibt viele Ideen und Trends für eine angebliche „gesunde Ernährung“. Seid hier bitte vorsichtig und glaubt nicht jedem YouTuber oder Influencer! Die Ernährungswissenschaft beschäftigt sich ständig, intensiv mit bestimmten Nahrungsmitteln und deren Inhaltsstoffen. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse darüber, welche Stoffe besonders gesund und welche eher schädigend für uns sind. Die Ernährungspyramide zeigt den aktuellen Stand der Wissenschaft. Hier findet ihr sie nochmal:
GRÜNreichlich, großzügig
GELBmäßig, regelmäßig und bewusst
ROTsparsam genießen, mit Bedacht
ERNÄHRUNGSPYRAMIDE
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Süßes ist nicht verboten. Bitte nur sparsam genießen!
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Butter und Öl sollten nur sparsam verwendet werden, wobei Pflanzenöl gegenüber Butter zu bevorzugen ist. 1 Portion entspricht hier 1 Esslöffel.
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Milch bzw. Milchprodukte (also auch Käse, Joghurt, Quark – am besten „natur“): 3 Portionen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Produkte fettarm sind, denn Milchfett enthält gesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel erhöhen können und damit weniger gut für die Herzgesundheit sind.

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Fleisch, Wurst, Fisch oder Eier: nur 1 Portion pro Tag! Eine vegetarische Ernährung ist für Erwachsene im Allgemeinen unproblematisch. Grundsätzlich gilt v. a. für FH-Patienten maßvoller Fleisch- und Eierkonsum, stattdessen darf mehr fetter Seefisch (z. B. Lachs, Makrele) konsumiert werden, da er viele gesunde ungesättigten Fettsäuren liefert.

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Getreide, kohlenhydratreiche Lebensmittel sollten der Hauptenergielieferant sein und gehören somit fast in jede Mahlzeit. Am besten werden hier komplexe Kohlenhydrate (niedriger glykämischer Index) und Vollkornprodukte gewählt („dunkles“ Brot, „dunkle“ Nudeln und Haferflocken).

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Täglich sollten zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse verzehrt werden: am besten abwechslungsreich und saisonal. Eine Portion frisches Obst darf auch mal durch eine Portion Trockenobst oder ein Glas 100 %-Saft ersetzt werden. Gemüse sollte entweder als Rohkost oder schonend zubereitet angeboten werden – am besten von jeder Farbe etwas (z. B. Karotten, Brokkoli, Tomate, Paprika …). Nüsse sind eine gute Quelle von „herzgesunden“ Fetten (Omega-3 Fettsäuren) und können ebenfalls eine Portion Obst oder Gemüse ersetzen.

Mehr Tipps dazu gibt es unter 5 am Tag.
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Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist die Basis einer gesunden Ernährung (idealerweise Wasser, ungesüßte Tees; mindestens 1,5-2,0 l am Tag für Erwachsene). Zuckerhaltige Softdrinks (z. B. Cola, Limonaden) sollten eine absolute Ausnahme sein!

Fett ist nicht gleich Fett: Wie kommt das Cholesterin ins Blut?

Vor allem Lebensmittel, die ihr in der Spitze der Pyramide findet, enthalten Fett. Also z. B. Fleisch, Wurst, Milch, Käse und Süßes. Fett in unserer Nahrung liefert uns Energie, Vitamine (E, D, K, A), lebenswichtige Fettsäuren (z. B. Linolsäure, Linolensäure) und verleiht unserem Essen Geschmack, denn es ist Träger von Aromen. Das macht fettreiche Lebensmittel oft so lecker.

Was heißt eigentlich „gesättigt“ und „ungesättigt“? Und was ist Omega-3?
Fette, die wir über die Nahrung aufnehmen, enthalten in ihrer chemischen Struktur sogenannte „Fettsäuren“. Diese können „gesättigt“, „einfach ungesättigt“ und „mehrfach ungesättigt“ sein. Das heißt, sie sind mehr oder weniger in der Lage andere Moleküle zu „binden“. Stellt Euch z. B. einen Bus vor, der noch freie Plätze hat und Leute einladen kann – man würde von „mehrfach ungesättigt“ sprechen. Hat er nur einen freien Platz ist er „einfach ungesättigt“. Ist er voll, spricht man von „gesättigt“. Ungesättigte Fettsäuren nehmen z. B. „freie Radikale“ auf. Die schädigen unsere Zellen, sind also ungesund. Umso besser, wenn die ungesättigten Fettsäuren wie eine Müllabfuhr die freien Radikale abtransportieren. Das gilt übrigens für alle Menschen- egal ob man FH hat oder nicht.

Für Leute mit FH ist es wichtig, nicht so viele gesättigte Fettsäuren zu essen, denn diese erhöhen den LDL-Cholesterinspiegel. Ihr kennt sicher die Nährwerttabellen auf den Verpackungen von Lebensmitteln. Hier steht genau, wie viel „gesättigte Fettsäuren“ enthalten sind. Außerdem sind gesättigte Fettsäuren in tierischen Lebensmitteln (Milch, Milchprodukte, fettes Fleisch usw.).
Beispiel. Bilder folgen!
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Einfach ungesättigte Fettsäuren haben keine direkte Auswirkung auf den LDL-Cholesterinspiegel. Wenn ihr aber mehrfach ungesättigte Fettsäuren esst, könnt ihr damit euren LDL-Cholesterinspiegel aktiv senken! Ihr findet mehrfach ungesättigte Fettsäuren besonders in Pflanzenölen, wie z. B. Rapsöl, Olivenöl und v. a. Leinöl. Vorsicht bei sogenannten „Tropischen Pflanzenölen“: Palmöl, Palmfett sowie Kokosfett und Kakaobutter enthalten viele gesättigte Fettsäuren. Diese Pflanzenöle solltet ihr also nur selten zu euch nehmen.

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Cholesterin kann auch direkt über die Nahrung aufgenommen werden. Es kommt ausschließlich in tierischen Fetten vor (z. B. Fleisch, Eier, Milch bzw. Milch-produkte, Krustentiere). Es beeinflusst euren Cholesterinspiegel aber kaum. Trotzdem solltet ihr nicht so viele tierische Fette essen, weil sie eben auch viele gesättigte Fettsäuren enthalten.

Sogenannte „Transfettsäuren“ kommen nicht natürlicherweise in Lebensmitteln vor, sondern entstehen bei starker Erhitzung von Speiseölen/-fetten sowie bei der „Fetthärtung“. Transfettsäuren sind richtig gemein, weil sie den LDL-Cholesterinspiegel in ordentlich die Höhe treiben. Und (leider) sind Transfettsäuren vor allem in: Süßwaren (Speiseeis, Schokoladenüberzug), Keksen, Gebäck (z. B. Donuts, Blätterteiggebäck, Plunder, Kekse), Frittiertem (z. B. Pommes frites), Instantsuppen („Tütensuppe“), Pizza. Seid da also lieber vorsichtig!

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Energiebilanz

Übergewicht schadet der Herzgesundheit, und das nicht nur bei Leuten mit FH! Es entsteht, wenn die Energiebilanz des Körpers nicht „stimmt“. Das heißt, wenn mehr Energie zugeführt wird, als man verbraucht. Dann wird diese Energie nämlich gespeichert – und zwar in Form von Fett.
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Energiebalance
Ziel ist es, dass Energieaufnahme und -verbrauch gleich sind und das Körpergewicht in Waage bleibt.

Energieaufnahme
Alles, was ich esse und trinke, liefert Energie (außer Wasser).

Energieverbrauch

Alles, was ich mache verbraucht Energie (z. B. bewegen, denken, sprechen). Alles, was mein Körper „von alleine“ macht, verbraucht Energie (z. B. wachsen, atmen, verdauen). Alles zusammen ist mein Gesamtenergieverbrauch.

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Ihr seid noch im Wachstum! Also werdet ihr natürlich schwerer und euer Körper verändert sich. Das soll er auch! Wenn ihr euch mit eurem Körpergewicht unsicher seid, sprecht bitte mit eurem Kinder- und Jugendarzt darüber. Macht keine Diätexperimente auf eigene Faust!

ALSO GUT, SO SCHWER IST DAS GAR NICHT!

  • Essen und Bewegung in Balance halten.
  • Viel Obst und Gemüse- am besten 5 am Tag!
  • Bei Brot, Nudeln und Co. am besten Vollkorn!
  • Wenig Fleisch, lieber Fisch oder Hülsenfrüchte
  • Transfette vermeiden
  • Lieber frisch kochen als Fertiggerichte oder Fast Food essen.
  • Und natürlich: Wasser trinken!