Medizinischer Hintergrund

Familiäre Hypercholesterinämie [ FH ] – Was ist das?
Familiäre Hypercholesterinämie – klingt kompliziert, aber was bedeutet das Wort eigentlich?

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Die FH ist also eine Erbkrankheit (familiär), bei der man schon als Kind zu viel (hyper) Cholesterin im Blut (-ämie) hat. Die Erkrankung wird entweder vom Vater oder von der Mutter oder in seltenen Fällen auch von beiden Elternteilen an das Kind vererbt. Du kannst also nichts dafür, dass du an FH erkrankt bist! Jeder Mensch kann davon betroffen sein, egal wie alt er ist, welches Geschlecht er hat oder woher er kommt.

Unsere Erbinformation (DNA genannt) enthält den Körperbauplan eines jeden Menschen. Er liegt in jeder einzelnen Zelle unseres Körpers vor, und zwar immer in zweifacher Ausführung. Die Erbinformation ist unterteilt in verschiedene Abschnitte, die wir als Gene bezeichnen. Auf jedem dieser Gene liegt die Information für jeweils ein bestimmtes Körpermerkmal (z.B. Augenfarbe, Blutgruppe). Jeder Mensch, (also auch Du) erhält (erbt) immer jeweils ein Gen vom Vater und ein Gen von der Mutter, daher also die doppelte Ausführung.

Der Erbgang, d. h. die Art und Weise wie die FH genau vererbt wird, nennen wir autosomal-dominant. Das bedeutet, das ein an FH erkranktes Kind auch ein erkranktes Elternteil, d. h. Vater oder Mutter hat (heterozygot ). Einer von ca. 250 Menschen sind hiervon betroffen (zur Veranschaulichung: ein Passagier in einem mittelgroßen Flugzeug oder 300 Zuschauer in der vollen Allianzarena). Das sind also ganz schön viele Menschen. In sehr seltenen Fällen sind auch beide Elternteile erkrankt und geben jeweils ein „krankes Gen“ an das Kind weiter (homozygot ).

In Deutschland leben ca. 160.000-400.000 Menschen mit einer FH, weltweit sind es etwa 14-34 Millionen Menschen. Du bist also mit der Erkrankung nicht allein! Viele Menschen wissen allerdings gar nicht, dass sie FH haben, da das erhöhte Cholesterin im Blut nicht weh tut.

Gibt es auch in eurer Familie noch jemanden, der an einer FH erkrankt ist? Um die Vererbung noch besser zu verstehen, füllt doch mal gemeinsam in der Familie unseren Vroni Stammbaum aus – trage ein, wer in eurer Familie von einer FH betroffen ist.

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STAMMBAUM – WER IST VON FH BETROFFEN?   [ Vroni, ihr Papa und ihr Opa väterlicherseits ]

Was ist eigentlich der menschliche Stoffwechsel? Die FH gehört zu den Fettstoffwechselstörungen. Stoffwechsel bedeutet so viel wie Austausch von Stoffen. Wenn du isst, landet die Nahrung erst im Magen und geht von dort in den Darm. Durch die durchlässige Darmwand können die Nährstoffe aus der Nahrung ins Blut gelangen. Hierzu gehören Fette, Zucker und Eiweiße, aber auch Vitamine. Über das Blut werden die Nährstoffe dann dort hin transportiert, wo der Körper sie gerade braucht, z. B. am Muskel. In der Leber werden die manche Stoffe weiterverarbeitet und gespeichert oder über das Blut zu den anderen Organen weitertransportiert.
Eine Stoffwechselstörung bedeutet entweder, dass Nährstoffe vom Körper nicht richtig aufgenommen oder verarbeitet werden können oder dass sie nicht an den Ort kommen, an dem sie benötigt werden.

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[ Das „ungesunde“ Cholesterin ]

Die Rolle des Cholesterins
Das Cholesterin gehört zu den Fetten. Es wird entweder vom Körper selbst produziert oder über die Nahrung in den Körper aufgenommen. Das Cholesterin hat im Körper sehr wichtige Aufgaben, es wird z. B. benötigt, um Zellen aufzubauen. Für den Transport in unserem Blut wird das Cholesterin in sogenannte Lipoproteine verpackt. Hier gibt es verschiedene Formen. Die beiden wichtigsten sind das LDL- Cholesterin und das HDL-Cholesterin. Das LDL bringt das Cholesterin zu den Zellen, kann also als eine Art „Lieferservice“ betrachtet werden. Es gilt als die „ungesunde“ Form des Cholesterins, was wir uns über die Abkürzung „Lass Das Lieber“-Cholesterin merken können. HDL dagegen sammelt Cholesterin im Körper ein und bringt es zur Leber, wo es abgebaut wird. Es ist sozusagen die „Müllabfuhr“, d. h. das „gute“ Cholesterin = „Hab Dich Lieb“-Cholesterin.

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[ Das „gute“ Cholesterin ]

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Bei einem Kind unter 16 Jahren sollte das LDL-Cholesterin nicht höher sein als 150 Milligramm pro Deziliter (mg/dl). Beim HDL gilt: Je höher desto besser!

Was passiert bei der FH?
Bei der FH kann das „ungesunde“ LDL-Cholesterin, nicht ausreichend abgebaut werden und reichert sich im Blut an. Ein hoher Cholesterinwert im Blut ist nicht gut für uns! Obwohl man es nicht spürt, kann der hohe Cholesterinwert schon bei Kindern und Jugendlichen unangenehme Folgen für die Gesundheit haben. Das Cholesterin kann sich an die Innenwände der großen Blutgefäße (Arterien) setzen und dort hängen bleiben. Durch diese Ablagerungen können die Blutgefäße im Laufe der Zeit enger werden, so dass das Blut nicht mehr so gut fließen kann. Dadurch kann man sehr krank werden. Um diese Ablagerungen zu sehen, kann der Arzt bestimmte Untersuchungen machen. Keine Angst, das tut nicht weh! Das Gute ist: wenn man die FH frühzeitig entdeckt, also schon im Kindesalter, dann kann man verhindern, dass sich diese Ablagerungen überhaupt erst bilden.

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BLUTGEFÄSS GESUND

BLUTGEFÄSS MIT ABLAGERUNGEN

Welche Untersuchungen muss der Arzt machen?
Um festzustellen, ob bei Dir eine FH vorliegt, hat der Arzt dein Blut untersucht. Ist die Erkrankung einmal festgestellt worden, so sind auch im Verlauf regelmäßig Untersuchungen notwendig. Der Arzt erfährt hierdurch immer genau, was in deinem Körper los ist.

Blutuntersuchung
Für die Untersuchung des Blutes wird Dir Blut (in der Regel aus der Ellenbeuge) abgenommen. Das wird dann in ein Labor geschickt und der Cholesterinwert und andere wichtige Werte werden überprüft.

Ultraschalluntersuchung
Bei der Ultraschalluntersuchung kann der Arzt sehen, wie Dein Herz und deine Gefäße von innen aussehen. Er kann also feststellen, ob sich an deinen Gefäßen schon sogenannte Ablagerungen gebildet haben. Auch diese Untersuchung tut nicht weh, der Arzt fährt lediglich mit einer Art Kamera über die Haut an deinen Brustkorb und Hals. Hierfür trägt er vorher ein Gel auf, das etwas kühl und glibberig ist. Ansonsten bekommst du von der Untersuchung nicht viel mit.

Blutdruck
Über eine regelmäßige Untersuchung des Blutdrucks erhält der Arzt ebenfalls wichtige Informationen über dein Herz und deine Gefäße. Für die Untersuchung wird eine Manschette um deinen Oberarm gelegt und aufgeblasen, es drückt nur ein bisschen und dauert nicht lange.

Elektrokardiogramm [ EKG ]
Bei der EKG-Untersuchung werden Aufkleber auf deine Brust geklebt, worüber deine regelmäßige Herztätigkeit aufgezeichnet wird.

Was kann man gegen den hohen Cholesterinspiegel im Blut tun?

Sicherlich weißt Du ja schon, dass eine gesunde Ernährung und viel Bewegung bei der FH besonders wichtig sind und helfen, dass der Cholesterinspiegel nicht zu stark ansteigt.

Durch regelmäßigen Sport steigt das „gute“ HDL-Cholesterin im Blut an. Super wäre es, wenn Du zwei bis dreimal in der Woche mindestens eine halbe Stunde Sport machst. Vielleicht bist Du ja schon in einem Sportverein und nimmst regelmäßig beim Training teil? In der Gruppe macht das natürlich viel mehr Spaß!

Bei manchen Menschen mit FH reicht es leider nicht aus sich gesund zu ernähren oder Sport zu machen. Wenn der Cholesterinspiegel im Blut einen bestimmten Wert erreicht, dann ist es notwendig zusätzlich Medikamente einzunehmen. Bei welchem Wert ein Medikament notwendig ist, sagt Dir Dein Arzt. Es hängt auch von deinem Alter und den Ergebnissen der Untersuchungen ab. Um den Cholesterinspiegel gut zu senken, ist es wichtig, dass man die Medikamente regelmäßig, also jeden Tag, einnimmt und das ein Leben lang. Sind bei Dir Medikamente notwendig, musst Du Dir keine Sorgen machen. Viele Menschen, auch Kinder und Jugendliche, müssen regelmäßig Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels einnehmen. Die Medikamente werden meistens sehr gut vertragen und helfen dir, lange gesund zu bleiben.

Bei ganz wenigen Menschen mit FH schafft man es trotz gesunder Ernährung, Sport und der regelmäßigen der Medikamente nicht, den Cholesterinspiegel dauerhaft zu senken. Dann ist eine sogenannte „Apherese“ notwendig. Eine Apherese ist eine Art Blutwäsche, d. h. man entnimmt Dir Dein Blut (in der Regel über die Ellenbeuge) und reinigt es mit Hilfe einer Maschine. Das gereinigte Blut erhältst Du dann wieder zurück. So wird verhindert, dass sich das Fett in den Gefäßwänden anlagert. Die Apherese dauert ca. zwei bis drei Stunden, in der Zeit darfst Du Dich ausruhen und z. B. ein Buch lesen.